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Montpellier HSC vs ES Troyes AC

  1. Datum 16.03.2013, 20.00 Uhr
  2. Ort Montpellier
  3. Stadion Stade de la Mosson » Besuchte Spiele
  4. Liga 1. Liga F (Ligue 1)
  5. Ergebnis 1 : 1 (1 : 0)
  6. Zuschauer 14.463

Allez allez allez: c'est le son de l'année #12 (Teil 2)

Am Vortag hatte ich zu meiner Überraschung erfahren, dass das Frühstück im Preis inbegriffen ist. Also wurde am Morgen erst einmal ausgiebig gefrühstückt. Auch Tiffany ließ sich am Buffet blicken und verkündete vor versammelter Mannschaft, sich nicht an den gestrigen Abend erinnern zu können. Ich überließ die Gute ihrem Schicksal und steuerte bei schönstem Sonnenschein das Meer an. Dort ließ ich mich auf einer Bank nieder und sah eine Weile lang den Einheimischen – darunter laut T-Shirt auch ein Mitglied der „South Winners“ – beim Beachvolleyball zu. Dann wurde ich noch einmal von Tatendrang erfasst und machte mich an den Aufstieg zur über der Stadt thronenden Kathedrale Notre-Dame de la Garde, dem Wahrzeichen Marseilles. Für die Strapazen wurde ich mit einem beeindruckenden Ausblick über die ganze Stadt belohnt. Als ich nun da stand und den Blick von den Villen am Strand zu den Platten am Stadtrand wandern ließ, schlug es plötzlich 12. Uups, da hatte ich doch ein wenig die Zeit aus dem Auge verloren. In einer Stunde fuhr mein Zug und von hier oben schien der Bahnhof ewig weit weg. Am Ende schaffte ich die Strecke aber in einer halben Stunde und hatte so noch Zeit für einen kleinen Imbiss, bevor ich Marseille endgültig den Rücken kehrte.

Auf dem Weg nach Montpellier ergab sich ein Aufenthalt von anderthalb Stunden in Avignon. Die Zeit wurde mit einem Rundgang durch die geschichtlich bedeutsame Stadt sinnvoll überbrückt. Im 14. Jahrhundert hatte der französische König den Papst gezwungen, von Rom nach Avignon umzuziehen, um ihn so unter seiner Fuchtel zu haben. Für 114 Jahre war Avignon Residenzstadt diverser Päpste und Gegenpäpste, was natürlich seine Spuren im Stadtbild hinterlassen hat. Kam man sich schon mal anschauen, wenn man in der Gegend ist. Dagegen gibt es in Montpellier nicht so furchtbar viel zu sehen, weshalb ich nach der Ankunft direkt die Jugendherberge ansteuerte. Dort musste ich wie befürchtet noch den Jahresbeitrag von 7€ draufzahlen, aber den Jugendherbergspass kann man ja vielleicht noch mal gebrauchen. Außerdem befand sich gleich um die Ecke eine Haltestelle, von wo aus eine Straßenbahn zum am Stadtrand gelegenen Stadion fuhr. Dieses kommt zu 3/4 als stinknormales Zweirangstadion daher. Doch auf die Gegengerade wurde noch ein dritter Rang draufgesetzt, was für ein recht kurioses Aussehen sorgt.

Auf dieser Tribüne nahm ich dann auch Platz – allerdings im Unterrang. Zu meiner Rechten befand sich der Stimmungsblock mit den Gruppen „Butte Paillade“ und „Armata Ultras“. Auf der gegenüberliegenden Seite, neben dem mit 11 Fans gefüllten Gästeblock, positionierten sich noch zwei weitere Gruppen. Obwohl man nur wenige Meter voneinander entfernt stand und jeweils nur so 15 bis 20 Mann stellte, zog jeder sein eigenes Ding durch. Das Gleiche galt glücklicherweise nicht für die beiden Hauptgruppen, die zu Spielbeginn eine Choreo zu Ehren des Trainers René Girard zeigten. Im Vorjahr hatte dieser den Klub, der im Laufe seiner Geschichte meist zwischen erster und zweiter Liga pendelte, völlig überraschend zur Meisterschaft geführt. Neben dem sportlichen Erfolg schätzen die Fans anscheinend auch die Mentalität des Trainers, der nach dem Ende seiner Spielerlaufbahn zunächst einen Tabakwarenladen betrieb. Dass ordentlich Feuer in ihm steckt, offenbarte er zuletzt auf Schalke, als er Huub Stevens den Stinkefinger zeigte und dafür von der UEFA für ein Spiel gesperrt wurde. Doch Ruhm ist bekanntlich vergänglich. Da sich der Trainer mit dem Präsidenten überworfen hat, wird sein zum Saisonende auslaufender Vertrag wohl nicht verlängert.

Neben dem Theater um den Trainer, der auch während des Spiels immer wieder mit Sprechchören gefeiert wurde, beschäftigt die Heimszene derzeit noch ein anderes Thema. Im September des vergangenen Jahres kam es vor dem Heimspiel gegen Saint-Étienne zu einem Vorfall, der über die Landesgrenzen hinaus für Aufsehen sorgte. Laut Aussage der Ultras von Montpellier ließ ein Jugendlicher versehentlich einen nicht entzündeten Rauchkörper fallen, dessen Besitz außerhalb des Stadions nicht verboten ist. Dennoch wollte die Polizei seine Personalien aufnehmen. Als der Fan zu flüchten versuchte, wurde er ziemlich brutal niedergeknüppelt. Daraufhin versuchten einige der Umstehenden, dem Fan zu helfen, was wohl bei einem der Beamten die Sicherung durchbrennen ließ. Anders ist es nicht zu erklären, dass der einige Meter abseits stehende, unbeteiligte Montpellier-Fan Casti von einem Gummigeschoss im Gesicht getroffen wurde. Das Projektil zertrümmerte Castis linkes Auge, auf dem er nie wieder sehen wird. Dieser Vorfall und die Tatsache, dass die Polizei diesen auch noch vertuschen wollte, zogen Solidaritätsbekundungen aus ganz Frankreich nach sich. Schließlich mündete die Empörung in einer großen Demonstration gegen Polizeigewalt, an der meisten französischen Ultragruppen teilnahmen. Video: JUSTICE POUR CASTI!

Trotz dieses Schicksalsschlages und des eher mittelmäßigen Saisonverlaufs war die Stimmung ziemlich gut. Montpellier hatte ja schon beim Auswärtsauftritt in Sochaux überzeugt und konnte diesen Eindruck heute bestätigen. Es ist eben von Vorteil, dass es hier im Großen und Ganzen gelungen ist, die Kräfte in einem einzigen Stimmungsblock zu bündeln – was ja leider in Frankreich nicht oft der Fall ist. Da reichen dann schon 150 Mann, um einen guten Auftritt hinzulegen. Zumal das flache Dach der Akustik natürlich auch nicht abträglich war. Auch von dem Ausgleich in der zweiten Halbzeit ließ man sich die Laune nicht vermiesen. Wann ist man auch schon mal amtierender Meister? So schnell wird dieses Kunststück wohl nicht wiederholt werden, denn fünf Jahre nach dem Ende der Dominanz durch Lyon deutet sich infolge der Übernahme von PSG durch das Emirat Katar eine neue Ära im französischen Fußball an. Landete man im vergangenen Jahr noch hinter Montpellier auf Platz zwei, so gibt es in dieser Saison nach Transferausgaben im neunstelligen Bereich kaum noch Zweifel an Paris‘ drittem Meistertitel. Auch in der kommenden Saison wird der Spieleretat den zweithöchsten Etat in der Liga um das Doppelte übertreffen. Vor diesem Hintergrund kann man vor dem, was hier in Montpellier geleistet wurde, nur den Hut ziehen. Gegen den modernen Fußball! Gegen Polizeigewalt! Justice pour Casti!

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