AS Nancy-Lorraine vs Stade de Reims
- Datum 09.02.2013, 20.00 Uhr
- Ort Tomblaine
- Stadion Stade Marcel-Picot » Besuchte Spiele
- Liga 1. Liga F (Ligue 1)
- Ergebnis 1 : 2 (1 : 0)
- Zuschauer 15.063
Allez allez allez: c'est le son de l'année #10
Am frühen Samstagmorgen, kurz nach Mitternacht, saß ich im Zug von Kaiserslautern nach Saarbrücken. Ich war erschöpft, aber glücklich. Erschöpft ob der langen Zugfahrt am Vortag, die mich über Belfort, Mulhouse, Strasbourg und Saarbrücken schließlich nach Kaiserslautern geführt hatte. Glücklich, nach über drei Monaten mal wieder einem Pflichtspiel der SGD beigewohnt, Freunde aus der Heimat wiedergesehen und nicht zuletzt einen astreinen Auswärtsauftritt erlebt zu haben. Zu diesem Zeitpunkt ahnte ich noch nichts von den beschämenden Vorkommnissen nach dem Spiel. Immer wieder wurde im Zug das „Scheiß Dynamo“-Lied angestimmt. Störte mich das? Nicht im Geringsten. Denn es zeigt doch, welche Bedeutung selbst die hiesigen Normalos unserer Szene beimessen. Ich blätterte noch ein wenig im „Infoblättsche“, welches ich inmitten des Marsches der Lauterer Ultras durch einen forschen Griff in die Kiste erbeutet hatte. Dann erreicht der Zug sein Ziel und schon wenig später fiel ich in der Jugendherberge ins Bett.Schon beizeiten klingelte der Wecker, denn das im Preis inbegriffene Frühstück durfte natürlich nicht verpasst werden. Nun blieb noch viel Zeit bis zur Weiterfahrt, sodass kurz die Saarbrücker Innenstadt erkundet wurde. Dort fand ich mich prompt inmitten des „Faasenachts“-Umzugs wieder. Ganz nett anzuschauen. Mein Respekt galt insbesondere den jungen Damen, die sich bei der Kostümwahl nicht nach den Temperaturen richteten. Anschließend schaute ich noch kurz beim Rathaussturm vorbei. Kam einem irgendwie bekannt vor. Eine ähnliche Zeremonie, nur mit schwarz-gelben Kostümen, wird ja regelmäßig in der Heimat zelebriert. Dann steuerte ich den Bahnhof an. Zunächst ging es über die Grenze nach Forbach, wo schon der Zug nach Metz bereit stand. Nach kurzem Aufenthalt in Metz konnte der Zug nach Nancy bestiegen werden und schon wenig später hatte ich das heutige Tagesziel erreicht. Das Ganze mit dem Saar-Lorraine-Ticket für preiswerte 10 €. Zunächst wurde der Türke am Bahnhof beehrt, dann konnte die Stadtbesichtigung beginnen. Als historische Hauptstadt des Herzogtums Lothringen besitzt Nancy eine sehenswerte Innenstadt. Dabei sticht besonders der Place Stanislas, benannt nach dem letzten Herzog von Lothringen – einem Polen - hervor. Dieser zog im Übrigen einst im Kampf um die polnische Krone zweimal gegen August den Starken und dessen Sohn den Kürzeren. Nach dem Stadtrundgang wurde die Wartezeit bis zur Öffnung der Herberge in einem der zahlreichen arabischen Elektrolädchen überbrückt, die neben einem billigen Internetzugang auch andere nützliche Dinge wie das diskrete Entsperren von Mobiltelefonen anbieten.
Nachdem der Rucksack abgestellt war, machte ich mich schon recht zeitig auf den Weg zum Stadion. Doch leider nicht zeitig genug. Ich war gerade am Ufer der Meurthe angelangt und erblickte das auf der anderen Flussseite gelegene Stadion, als auf dem Stadionvorplatz mehrere Bengalos entzündet wurden. So schnell es der spiegelglatte Untergrund zuließ, rannte ich über die Brücke. Doch als ich schließlich den Ort des Geschehens erreicht hatte, war das Spektakel bereits vorüber und bis auf die Police niemand zu sehen. Anscheinend hatten die heimischen Ultras ihrer Mannschaft nach dem überraschenden Auswärtssieg in Marseille am vergangenen Wochenende einen gebührenden Empfang bereitet. Durch diesen Sieg hatte Nancy die rote Laterne abgegeben und war auf zwei Punkte auf den drittletzten Platz herangerückt. Diesen belegten die Gäste aus dem 170 km entfernten Reims, sodass ein echter Abstiegskrimi bevorstand. Überhaupt droht der Nordosten Frankreichs mehr und mehr von der Erstligakarte zu verschwinden. Metz und Strasbourg verabschiedeten sich ja bereits vor einiger Zeit aus der Ligue 1 und momentan belegen mit Sochaux, Reims, Nancy und Troyes vier weitere „Nordost-Teams“ die letzten Plätze. Kommt einem irgendwie bekannt vor.
Wie immer in Frankreich waren die Preise recht human. Mit Ermäßigung nur 14 € für einen mittigen Platz auf der Haupttribüne, das passt. Nur wollte mir das Mädel am Ticketschalter weismachen, dass zusätzlich der Kauf einer elektronischen Fresskarte verpflichtend sei. Soweit kommt‘s noch! Nach kurzer Diskussion ging’s dann doch ohne. Kaum hatte ich das Stadion betreten, musste ich schon die nächste Mademoiselle enttäuschen, indem ich die von ihr so sorgfältig aufgeblasenen Klatschstäbe ablehnte. Nun harrte ich in der Kälte aus und beobachtete, wie sich das Stadion langsam füllte. Neben dem mit etwa 100 Mann gefüllten Gästeblock bereiteten die „Red Sharks Nancy“ eine Choreo vor, die dann zu Spielbeginn gezeigt wurde. Dabei wurde eine kleine Blockfahne seitlich entrollt, sieht man auch nicht alle Tage. Anschließend wurde sporadisch supportet, doch mit höchstens zwei Dutzend Mann agierte man nah an der Grenze der Lächerlichkeit. Die Musik spielte sich auf der gegenüberliegenden Seite ab, wo sich ein vernünftiger Mob samt Besuch aus Saarbrücken hinter der „Saturday FC“-Fahne versammelt hatte. Hier setzte man auf viele kleine Schwenker mit englischem Georgskreuz. Da im Gästeblock identische Fahnen geschwenkt wurden, wirkte dies jedoch weniger originell.
Dafür bekam das Ohr einiges geboten. Die meisten Lieder hatten zwar nicht viel Text, konnten dafür aber mit schönen Melodien glänzen und wurden sehr lange gesungen. Mit der Führung der Heimmannschaft erreichte die Stimmung gegen Ende der ersten Hälfte ihren Höhepunkt. Doch auch nachdem Reims nach der Pause das Spiel drehte und im Rest des Stadions das blanke Entsetzen um sich griff, wurde weiter gesungen und die Mannschaft nach vorn getrieben. Dass das Spiel bis zum Ende spannend blieb, lag jedoch nicht an einer sich aufbäumenden Heimelf. Vielmehr gelang es den Gästen trotz mehrerer guter Möglichkeiten – zum Teil allein vorm Torwart – nicht, das Spiel zu entscheiden. Am Ende rettete Reims den Sieg aber trotzdem über die Zeit und konnte damit die Abstiegsplätze verlassen, während bei Nancy langsam aber sicher die Lichter ausgehen. Da es für Metz in der National ganz gut läuft, könnte es also nächste Saison in der Ligue 2 wieder zum großen Lothringen-Derby kommen. On verra bien.
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