Liverpool FC vs FK Zenit Sankt Petersburg
- Datum 21.02.2013, 20.05 Uhr
- Ort Liverpool
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- Liga Europa League
- Ergebnis 3 : 1 (2 : 1)
- Zuschauer 43.026
No glory ‘round the fields of Anfield Road
Nach einer knappen Woche in Liverpool stand nun auch für mich ein Besuch im legendären Anfield an. Franz blieb diesmal zu Hause, sodass ich mich allein gen Stadtzentrum aufmachte. Dort kann man von der Liverpool One Station zwei Buslinien zum Stadion nutzen. Seltsamerweise standen die Massen alle an einer Haltestelle. Also als guter Ossi erst mal hinten angestellt. Wenig später fuhr dann aber tatsächlich der andere Bus vor. Alles guckte sich dumm an, dann rannten die ersten los. Ich natürlich auch, weswegen ich schon wenig später auf einem bequemen Sitzplatz der Anfield Road entgegen rollte. Der Bus hielt direkt vorm Kop, für den mir Franz‘ Gastvater netterweise eine Karte besorgt hatte. Der Name leitet sich vom südafrikanischen Berg „Spion Kop“ ab, den die Briten im Burenkrieg vergeblich zu stürmen versucht hatten. Der Name wurde zum Synonym für eine uneinnehmbare Tribüne und in vielen Stadien in Großbritannien und auf dem europäischen Festland – vor allem in Frankreich – angewendet. Als ehemals größte Stehplatztribüne Europas und als Geburtsort des Fangesangs ist der Kop im Anfield der Bekannteste von allen, weswegen die Fans des L.F.C. auch gelegentlich als „Kopites“ bezeichnet werden. 1994 wurde der alte Kop abgerissen und durch eine Sitzplatztribüne ersetzt. Diese beherbergt nun unter anderem den Fanshop, womit das Ganze eher als Konsumtempel daherkommt.In der Zwischenrunde der Europa League war heute Sankt Petersburg zu Gast, die das Hinspiel mit 2:0 für sich entschieden hatten. Da Zenit nun mal ein gewisser Ruf vorauseilt, war eher mit Problemen von Seiten der Gästefans zu rechen. Doch wie am Vortag gab es auch heute eine Überraschung. Als sich ein paar Zenit-Normalos auf der Straße vor dem Kop per Schlachtruf zu erkennen gaben, wurden sie sofort von einem kleinen Mob vermummter Jugendlicher attackiert. Die Reiterei schritt ein und so plötzlich, wie der Mob aufgetaucht war, war er auch wieder verschwunden. Ob es sich dabei um Engländer, oder nicht doch eher um die örtliche polnische Jugend gehandelt hatte, blieb somit ungewiss. Ich betrat nun den Kop, wo als Erstes die hohe Zahl an Touristen auffiel. Wobei ich mich da natürlich auch an der eigenen Nase fassen muss. Ich war jedenfalls sehr skeptisch, ob hier wirklich Stimmung aufkommen würde. Zumindest fiel schon mal positiv auf, dass auf dem Kop sowohl Schwenker, als auch Doppelhalter und kurz vor Anpfiff natürlich noch die obligatorische Blockfahne zum Einsatz kamen. Was für eine Stimmung herrscht, wenn kurz vor Beginn eines Europapokalspiels YNWA ertönt und alle ihren Schal hochhalten und aus Leibeskräften mitsingen, kann sich denk ich jeder vorstellen. Viel interessanter war aber, was anschließend passierte. Der Kop blieb geschlossen stehen – was keineswegs üblich ist – und peitschte die Mannschaft nach vorn.
Diese erwischte dennoch den denkbar ungünstigsten Start und ließ sich vom Brasilianer „Hulk“ erst mal einen einschenken. Nun mussten die Reds schon vier Tore schießen und für einen Moment herrschte Totenstille auf dem Kop. Alles schien verloren, doch dann raffte man sich tatsächlich auf und sang weiter. Ist das noch England? Würde man hier jemanden fragen, wäre die Antwort mit Sicherheit: „We’re not English, we are Scouse.“ Denn in der weltoffenen Hafenstadt hat sich über die Jahrhunderte ein ganz eigener Dialekt und damit auch eine eigene Identität entwickelt. Deshalb sieht man selbst bei internationalen Spielen wie heute keine Union Jacks oder Georgskreuze. Auch die Gästefans legten keinen besonderen Wert auf die aktuelle russische Flagge, sondern bevorzugten die alte Fahne des Hauses Romanow. Doch zurück zum Spiel. Liverpool drückte nun und erzielte bis zur Pause noch zwei Tore. Als dann in der 60. Minute das 3:1 fiel, gab es kein Halten mehr. Die anderen Tribünen stiegen in die Gesänge ein und es wurde brachial laut. Zwar waren es immer wieder die gleichen fünf, sechs Lieder, die zudem fast ausschließlich von aktuellen oder ehemaligen Spielern handelten. Aber wenn das ganze Stadion „Fields of Anfield Road“ anstimmt und die glorreiche Vergangenheit des Klubs besingt – das muss man schon mal erlebt haben. Leider wurde diese Erfolgsgeschichte heute nicht fortgeschrieben, denn trotz aller Mühen blieb es beim 3:1 und Liverpool schied denkbar knapp aus.
Somit endet hier unsere Berichterstattung über die Europapokalsaison des L.F.C.. Sehr ärgerlich, denn als nächstes wäre es nach Basel gegangen, was ja nun nicht so furchtbar weit von Frankreich entfernt ist. Abschließend stellt sich noch die Frage, wie es wohl für Zenit gelaufen wäre, wenn diese nach dem Wunsch ihrer Fans nur mit „weißen“ Spielern angetreten wären.
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