Erlebnis-Stadion.de

Kurzfristig hatte ich für zwei Tage in Bukarest zu tun bekommen, somit stand auch die Frage nach einer korrekten Abendgestaltung. Mit den Rückspielen der ersten Pokalrunde zeigte sich die UEFA als Verbündeter und lenkte das Interesse auf den dreifachen rumänischen Meister FC Rapid Bukarest. Der ist im Stadtteil Giulesti zu Hause. Das gleichnamige Stadion trägt zu Ehren des Trainers, mit dem 1967 der erste offizielle Meistertitel gewonnen wurde, seit 2001 den Zusatz "Valentin Stanescu". Im Jahre 1939 eröffnet, gilt es allgemein als kleinerer Nachbau von Arsenals Highbury, was sich vornehmlich auf die Außenfassade der Haupttribüne beziehen dürfte. Seit Mitte der 90er Jahre hat es eine Kapazität von 19.100 Sitzplätzen, aufgrund von Baufälligkeiten oder Umbaumaßnahmen - so recht klar wurde mir das nicht - waren heute nur 11.000 Zuschauer zugelassen. Das Stadion natürlich ausverkauft. Der frühere rumänische Eisenbahner-Klub scheint bei der UEFA ein Abonnement für deutsche Mannschaften abgeschlossen zu haben - innerhalb von zwei Jahren war man schon auf Stuttgart, Hertha und den HSV getroffen. Nach dem 0:0 im Frankenstadion zwei Wochen zuvor heute also das Rückspiel gegen Nürnberg. Die Franken durften nach 19-jähriger Pause erstmals wieder internationale Luft schnuppern.

Da man in Bukarest am schnellsten mit der Metro unterwegs ist, sollte man die auch zum Giuleşti-Stadion nutzen. Die Fahrpreise sind nach wie vor subventioniert und somit extrem günstig, eine Karte für 10 (!) Fahrten kostet schlappe 7,00 Lei (ca. 1,95 EUR). Auch Taxis sind noch bezahlbar, die Preise variieren aber stark. Vor dem Zustieg also mal einen Blick auf den jeweiligen Tarif werfen, der sehr akkurat an den Türen der Karossen prangt. Das Stadion von Rapid erreicht man mit der Metrolinie 1 bis zu den Stationen Basarab oder Crângasi - es liegt ziemlich genau in deren Mitte. Zum Einlauf der Mannschaften, unter den Klängen der von wirklich allen Heimzuschauern intonierten Vereinshymne, präsentierte Rapid eine schicke Choreographie: Ein rumänischer Kampfjet holt den im Hinspiel von Ultras Nürnberg gezeigten Doppeldecker vom Himmel. Dazu auf Deutsch der Spruch: "Ihr müsst wieder 19 Jahre warten!" Das Ganze in der Kurve von den Vereins- und Landesfarben und im restlichen Stadion von einer Schalparade eingerahmt. Hätte man perfekter nicht hinkriegen können. Rapid durchgängig mit ordentlichem, in den ersten 20 Minuten spitzenmäßigem Support. Gesänge laut bis brachial vorgetragen, Hüpfeinlagen der Kurve und der kompletten Gegengeraden usw. Die knapp 1.000 Nürnberger, nach der jahrelangen internationalen Abstinenz mit einer extra Portion Euphorie nach Bukarest gereist, kamen zunächst überhaupt nicht dagegen an. Nach dem Ausgleich in der 20. Minute die Gäste dann besser - überzeugen konnten sie jedoch nicht. Wobei man den Nürnbergern zu Gute halten kann, dass sie in zwei voneinander getrennten Blöcken, links und rechts der Haupttribüne, platziert waren. Richtig lautstark soll es erst nach Abpfiff in der Blocksperre abgegangen sein, da war ich aber schon wieder auf dem Weg in die Nacht.

Noch das Geschehen auf dem Rasen in Kurzform nachgreicht: Die Heimelf machte mächtig Dampf, konnte trotz weitgehender Überlegenheit aber nur zwei Treffer verbuchen. Zu wenig für den Einzug in die UEFA-Gruppenphase, da Nürnberg das Spiel "Wie mache ich aus vier Chancen ebenfalls zwei Tore" perfekt beherrschte - die letzten fünf Minuten unter Mitwirkung des ehemaligen Dresdners Joshua Kennedy. Hans Meyer hatte seinen Ruf als Erfolgscoach erneut bestätigt und Rapids italienischer Trainer Cristiano Bergodi trat zwei Tage nach dem Cup-Aus zurück.

Thomas