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Stadien Sachsen: Meerane

Für viele Sportbegeisterte verknüpft sich der Name Meerane noch immer zunächst mit der „Steilen Wand“, einer 248 m langen Kopfsteinpflasterstraße mit einer Steigung von 12%. Der Anstieg hat durch die Internationale Friedensfahrt, dem bis 1989 bedeutendsten Rad-Amateurrennen der Welt, wahren Kultstatus erreicht. Doch auch im Fußball konnte Meerane auf sich aufmerksam machen. Vor 65 Jahren, am 5. Juni 1955, öffnete das Richard-Hofmann-Stadion seine Tore. Aus diesem Anlass blicken wir zurück auf eine interessante Fußball- und Stadiongeschichte in der westsächsischen Stadt.

Richard Hofmann
Das Jahr 1907 gilt als Geburtsjahr des Meeraner Vereinsfußballs. Auf die Gründung des 1. FC Meerane, bald umbenannt in FC Sachsen, folgte der FC Wacker und auch die Meeraner Turnerschaft bildete eine Mannschaft. Erste Spielstätte war der Platz am Schützenhaus. Von dem ist heute nichts mehr zu erkennen. Die Feuerwehr und ein Supermarkt haben dort ihre Heimat gefunden. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden die Kräfte gebündelt. Der FC Sachsen, der FC Wacker und die TV 1912 Meerane schlossen sich im Dezember 1918 zur Sportvereinigung Meerane 07 zusammen. Mit Erfolg: In den Jahren 1925, 1927, 1928 und 1930 konnte der Meistertitel im Gau Westsachsen gewonnen werden. Die Heimspiele wurden auf dem Platz am Haus der Turngemeinde, später als das Sportplatz „Roter Hügel“, ausgetragen.

  1.  Der Platz am Haus der Turnegemeinde 1928

Der Platz am Haus der Turngemeinde 1928, Foto: Verlag Trinks & Co. Leipzig


In dieser Zeit machte ein Spieler der SpVgg Meerane 07 auf sich aufmerksam, der später einen wohl legendären Ruf erhielt: Richard Hofmann. Im Jahr 1927 wurde er erstmals in die deutsche Nationalmannschaft berufen und bis 1933 folgten 24 weitere Länderspiele, in denen er 24 Tore erzielte. Beim Fußballturnier der Olympischen Sommerspiele 1928 war „König Richard“ mit vier Treffern bester deutscher Torschütze. Bei seiner Rückkehr wurde er am Meeraner Bahnhof begeistert empfangen. Noch im gleichen Jahr wechselte der Stürmer zum Dresdner SC, wo er deutscher Meister und Pokalsieger wurde.

Als zweite Kraft in Meerane wurde Mitte der 1920er Jahre der VfL Meerane gegründet, der bis 1933 aktiv blieb. Heimstätte war der Spielplatz hinter der Gasanstalt. 1949 als Sportplatz am Alberthain (auch Motor-Sportplatz genannt) in den heutigen Abmessungen ausgebaut, fanden dort die Fußballer der BSG Motor Meerane ihre Heimstätte. Als SV Motor Meerane spielte man bis 2004. Mit der Auflösung der Fußballabteilung wurde auch das Ende des Sportplatzes eingeleitet. Im Jahr 2006 wurden die baulichen Anlagen zurückgebaut und der aktuelle Bebauungsplan sieht die Errichtung von Eigenheimen auf dem Gelände vor.

Fünf Spielzeiten in der DDR-Oberliga
Aber zurück zu Meerane 07. Nach den Schrecken des Zweiten Weltkrieges ging es rasch wieder bergauf, wenn auch unter neuem Namen. Hierfür wurde der Platz am Haus der Turngemeinde, seit 1945 Karl-Liebknecht-Haus, hergerichtet. Dessen Gefälle – der Platz liegt nur einen Steinwurf von der Steilen Wand entfernt – und die rote Schlacke, mit der das Feld später überzogen wurde, machten die Sportstätte als „Roter-Hügel“ weithin bekannt.

  1.  Der Platz am Karl-Liebknecht-Haus („Roter Hügel“) 1958

Der Platz am Karl-Liebknecht-Haus („Roter Hügel“) 1958, Foto: Volkskunstverlag Reichenbach i.V.


Als SG Einheit Meerane errang man 1948 die Kreismeisterschaft und qualifizierte sich als eine von zehn Mannschaften für die Endrunde der 1. Ostzonenmeisterschaft. Dort schied man erst im Halbfinale gegen SG Freiimfelde Halle aus. Auch ein Jahr später schaffte es die SG Einheit Meerane bis ins Halbfinale. Im Sommer 1949 fusionierte man mit der BSG EKM Dampfkesselbau Meerane, der BSG Segeltuch-Industrie Meerane, der BSG KWU Meerane und der BSG Meerania-Wolle Meerane zur BSG Einheit Meerane. Als Gründungsmitglied der DDR-Oberliga landet Einheit Meerane am Ende der ersten Saison 1949/50 auf Platz 9. Auch in der folgenden Spielzeit wird, nun unter dem neuen Namen BSG Fortschritt Meerane, ein respektabler Mittelfeldplatz (10.) erreicht. Ein Jahr darauf kann man die Klasse nicht halten, dem Abstieg in die DDR-Liga folgt aber der sofortige Wiederaufstieg. Das Interesse der Zuschauer ist enorm, zum 1. Heimspiel der Saison 1953/54 pilgern 15.000 Zuschauer auf den „Roten Hügel“ und sehen ein famoses Spiel des Aufsteigers. Nach 0:2-Rückstand wird der amtierende DDR-Meister SG Dynamo Dresden mit 4:2 geschlagen. Auch am vorletzten Spieltag war der Meeraner Sturm nicht zu bremsen. Vor 20.000 Zuschauern auf dem völlig überfüllten Karli-Platz machte Fortschritt durch ein 3:1 gegen die BSG Chemie Leipzig den Klassenerhalt perfekt. In der fünften und letzten Oberligasaison 1954/55 dann der Einbruch: Mit nur 5 Siegen stieg man als Tabellenletzter ab. Meerane wird die Erstklassigkeit nicht wieder erreichen. In der „ewigen Tabelle“ der DDR-Oberliga rangiert Fortschritt Meerane auf Platz 25.

Stadion der Freundschaft
Anfang der1950er Jahre begannen die Planungen für ein neues Stadion im Nordwesten der Stadt. Auf dem Schlackeplatz am Karl-Liebknecht-Haus standen nur Stehterrassen zur Verfügung und die Zuschauer drängten sich nicht nur bei Spitzenspielen auf engem Raum. Zu verdanken war der Stadionbau insbesondere auch der Initiative und Beharrlichkeit des damaligen BSG-Leiters Hans Bock. Im Jahr 1952 stellte die DDR-Regierung erste 70.000 DM zur Verfügung. Mittel des VEB Sportoto und ca. 80.000 freiwillige Aufbaustunden der Meeraner Bevölkerung treiben das Projekt zum Erfolg. Auch Offiziere und Soldaten der sowjetischen Garnison in Glauchau unterstützen den Bau – so bei den massiven Erdarbeiten zur Errichtung des Stadionwestwalls im Frühjahr 1954.

  1.  Das Stadion der Freundschaft 1958

Das Stadion der Freundschaft 1958, Foto: Verlag Bild und Heimat Reichenbach i.V.


Am 5. Juni 1955 wird die neue Sportstätte als Stadion der Freundschaft eröffnet. 20.000 Besucher strömen an die damalige Leninallee. Gegner der BSG Fortschritt Meerane im Eröffnungsspiel ist der Lokalrivale BSG Chemie Glauchau. Das erste Punktspiel in der neuen Heimstätte bestritt Fortschritt Meerane im September 1955 gegen Motor Altenburg. Es ist der Auftakt der DDR-Liga-Saison 1955 (2. Spielklasse). Die Saison war eine Übergangsrunde (die Meisterschaft wurde ab 1956 nach sowjetischem Vorbild an das Kalenderjahr angeglichen) und so wurden lediglich 13 Spieltage ausgetragen. Danach stand Fortschritt Meerane auf Platz 1, der Aufstieg war damit jedoch nicht verbunden. Am Ende der Saison 1956 landete man auf Tabellenrang 4. Über diese Platzierung kommt man auch in den folgenden Jahren nicht hinaus. Die Saison 1960 brachte dann den Abstieg in die Drittklassigkeit (II. DDR-Liga). Auch damit war ein Ende der Talfahrt nicht erreicht, nach der Saison 1961/62 fand man sich in der vierklassigen Bezirksliga wieder. Fortan pendelte Fortschritt Meerane zwischen dritter und vierter Spielklasse (Bezirksliga nach Abschaffung der II. DDR-Liga und Bezirksklasse). Die letzte Spielzeit des DDR-Fußballs 1989/90 wurde auf Platz vier in der Bezirksklasse Karl-Marx-Stadt beendet.

Meeraner Sportverein
Nach dem Rückzug der Trägerbetriebes VEB Technische Textilien Meerane formiert sich die BSG Fortschritt 1990 als Meeraner Sportverein neu. Im Jahr 1991 erhält das Stadion der Freundschaft den Namen des größten Meeraner Fußballers Richard Hofmann. Die sportlichen Ambitionen blieben weiter bescheiden. Um die Jahrtausendwende gelang der Aufstieg in die Bezirksliga. Finanzielle Probleme belasteten den Verein. 2005 rutscht der MSV für vier Jahre in die Kreisliga ab. 2010 kehrt man die in die Bezirksklasse (später umformiert zur Kreisoberliga) zurück, der man bis 2018 abgehört. Nur unterbrochen von einem einjährigen Intermezzo (2015/16) in der Landesklasse. Diese wird 2018 erneut erreicht und man kann zudem den Kreispokalsieg feiern. In der Saison 2018/19 läuft es gut, der MSV erspielt sich einen soliden Mittelfeldplatz.

  1.  Derby Meeraner SV vs VfB Glauchau im November 2019

Derby Meeraner SV vs VfB Empor Glauchau im November 2019


Die Spielzeit 2019/20 bringt dann ein Wiedersehen mit den Lokalrivalen VfB Empor Glauchau. Das erste Derby, gespielt wurde auf dem Kunstrasenplatz des Richard-Hofmann-Stadions, geht mit 0:4 klar verloren. Das Rückspiel fällt der Corona-Pandemie zum Opfer. Zuvor war im November 2019 das Stadionspielfeld durch Wildschweine verwüstet worden. Während die Sanierung des Rasens im Frühjahr 2020 auf Hochtouren läuft, wird die Saison vorzeitig beendet. Der Meeraner SV steht da auf Platz 8. Somit wird auf dem frischen Grün des Richard-Hofmann-Stadions in der neuen Saison wieder Landesklassen-Fußball zu sehen sein.

Stadien und Sportplätze im Überblick (Fotos und Informationen):
Sportplatz „Roter Hügel“
Richard-Hofmann-Stadion
Richard-Hofmann-Stadion Kunstrasenplatz
Motor-Sportplatz
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